2011 . SCHWERTE
GALERIE DER KATH. AKADEMIE
Nicht Bildideen, sondern materielle Tatsachen bewirken bei Andreas Otto den künstlerischen Start! Es sind die ästhetischen Phänomene des Amorphen – unstabiler, augenscheinlich zufälliger Gestalten – und der seriellen Strukturen, Muster und Raster, die er zu seinen künstlerischen Themen macht. Irgendwo und irgendwann in sein alltägliches Blickfeld geraten, entdeckt der Künstler sie in der Vorratskammer der Natur und der banalen
Dingwelt als isolierbare Spuren von ästhetischen Ereignissen, die sich an Dingpartikeln
und Oberflächen jeder Art, jedenfalls am Äußerlichsten des Äußeren der Objekte abspielen. Er instrumentalisiert sie nach Art figurativer und geometrisierender Bild-Elemente, übersetzt sie in grafische Verfahren und hält sie in ihren taktisch reizvollen Fein- und Grobstrukturen fest. Amorphes wird zu Figürlichem mit fast physiognomisch lebendigem Charakter und bewegt sich druckfarbig abgetönt zwischen, neben, in und vor grafischen Mustern und Versatzstücken. Aus diesen Puzzleteilen baut Otto seine Kompositionen auf der Fläche
als in sich bewegliche, aber ausponderierte Form-Farb-Szenarien. Jedes Werk besitzt seine eigenen Morpheme. Andreas Otto tappt dabei nicht in die Falle von Symbolik oder Allegorik. Seine sympathetische Anteilnahme am individuellen ästhetischen Sosein von Form, Materialität, Oberfläche, Struktur ist sein künstlerisch-handwerkliches Thema, dem der Betrachter angeregt folgt, ohne zusätzliche Interpretationen zu erwarten. Andreas Otto steht in einem kunstgeschicht-lichen Zusammenhang. Seine Originalität liegt in der Kon-sequenz, mit der er seine Bildimaginationen auf dem Weg des Objekt-Naturalismus erfindet und mit dem handwerklichen Können des besessenen Grafikers bildautonom handhabt. Darin
erweist er sich als ein Meister.
Prof. Dr. Inge Habig